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Die neue Ära des Wissensmanagements wertet den Journalismus nicht ab, wie immer wieder geschrieben wird. Sie wertet ihn auf. Und zwar, weil er als Katalysator von Werbefläche nicht mehr dienen kann. Journalismus muss und darf sich zum ersten Mal seit Jahrhunderten direkt am Markt selbst verkaufen. Unmittelbar den Lesern, ohne Umweg über Werbekunden.
Und was er verkaufen wird, ist Zeit.
Journalistinnen bieten eine Dienstleistung an. Sie übernehmen es für den Kunden, im realen Leben, auf Blogs, Twitter und in Statistiken mühsam zusammen zu suchen, was des Lesers Welt bereichert. Die Leser müssen das nicht selber tun. Sie sparen Zeit. Die ist das wertvollste Gut überhaupt, und darum wird die Kundin dafür bezahlen.
Das ist etwas ganz Neues. Traditionell verkaufen Medienhäuser nämlich nicht Journalismus an Leser. Sie verkaufen Werbeflächen an Firmen. Damit wurden sie reich, denn erstens verfügten sie dank ihrer Druckmaschinen über natürliche Monopole, und zweitens gab es kein Instrument, um schlechte von guter Ware (also Werbefläche) zu unterscheiden.
Das Geschäftsmodell ist tot
Heute macht das Netz es zum ersten Mal in der Geschichte möglich, Werbewirkung genau zu planen und zu messen - über Nutzerprofile wie bei Facebook, über Suchspuren wie bei Google, mithilfe von Statistikwerkzeugen, die jeden Klick erfassen. Was die Kartografen aus dem Silicon Valley an Werberäumen anbieten, kann ein journalistisches Publikumsmedien in dieser Passgenauigkeit niemals liefern. Das Geschäftsmodell, als journalistische Abteilung Inhalte an den eigenen Verlag zu verkaufen, der diese als Werbefläche an Firmen verkauft, ist tot. Es wird nie mehr lebendig.
Es muss um den Inhalt gehen
Verlage können natürlich trotzdem entscheiden, weiter Werbeflächen verkaufen. Etwa, indem sie Geld für Inserate auf Stellenportalen oder Automarktplätzen verlangen, für die Organisation von Veranstaltungen oder für Kampagnen. Der Umweg über guten Journalismus aber ist, wenn es um das Verkaufen von Werberäumen geht, inzwischen zu teuer und unnötig geworden. Manche Verlagshäuser werden sich darum sinnvollerweise vom Journalismus verabschieden. Viele haben es hinter den Kulissen eigentlich längst getan.
Ein Medienhaus aber, das wirklich Journalismus machen will, muss neu denken. Seine Kundinnen sind künftig nicht mehr Firmen und ihre Vermarktungsagenturen. Seine Kundinnen sind die Leserinnen.
Das bedeutet, dass es mehr als je zuvor um Inhalte gehen muss. Manager müssen Erfahrung als Journalisten haben, nicht als Werbeverkäufer. Sie müssen nicht nur rechnen können, sondern etwas von Wissensmanagement, gesellschaftlichen Diskursen und Themenpflege verstehen. Von Datenjournalismus und von Design. Denn das ist die Ware, die sie künftig verkaufen müssen.
Es ist ein wunderbares Geschäftsmodell. Denn je komplexer die Welt, je mehr Rauschen auf allen Kanälen, desto wertvoller wird Zeit.