Die “NZZ am Sonntag” macht jetzt offenbar eine Kolumne, die sich “der Welt aus der Sicht der Frau” widmet.
Hm.
Vermutlich wollen sie Frauen ansprechen.
Hm.
Dazu fällt mir Folgendes ein:
Felix E. Müller, 62, aufgewachsen im Kanton Zürich, Printjournalist, leitet die “NZZ am Sonntag”. Stellvertreter: Thomas Isler (46), Chanchal Biswas (41).
Markus Spillmann, 46, aufgewachsen in im Kanton (mir wurde gesagt, das sei eine unzulässige und höchst problematische Verkürzung) Basel, Printjournalist, leitet die “Neue Zürcher Zeitung”. Stellvertreter: René Zeller (49), Luzi Bernet (50).
Martin Spieler, 49, aufgewachsen im Kanton Zürich, Printjournalist, leitet die “Sonntagszeitung”. Stellvertreter: Simon Bärtschi (44), Dominic Geisseler (52).
Res Strehle, 62, aufgewachsen im Kanton Zürich, Printjournalist, leitet den “Tages-Anzeiger”. Co-Chefredaktoren: Michael Marti (47), Arthur Rutishauser (48).
Stefan Barmettler, 55, aufgewachsen im Kanton Zürich, Printjournalist, leitet die “Handelszeitung”. Stellvertreter: Pascal Ihle (46).
Roger Köppel, 48, aufgewachsen im Kanton Zürich, Printjournalist, leitet die “Weltwoche”. Stellvertreter: Philipp Gut (42).
Das heisst im Durchschnitt:
Welche Geschichten, Titel, Bilder, welcher Blick auf die Welt in die Medien kommt, bestimmt ein hundertprozentiger Mann, Printjournalist, zu 83 Prozent im Kanton Zürich aufgewachsen, 53,7 Jahre alt. Das heisst, seine Studienzeit (hauptsächlich in Zürich verbracht) fiel auf die späten 1970-er und frühen 1980-er Jahre.
Das bedeutet tendenziell:
Er wurde in einer Welt geprägt, als es “Linke” und “Bürgerliche” gab, und was das hiess, wurde im Rahmen westeuropäischer Kriterien definiert. Es gab den Ostblock. Es gab kaum Auslandsemester, keine offenen Grenzen, kein Internet, keine weiblichen Bundesräte. Es gab in absoluten Zahlen halb so viele Scheidungen wie heute und weniger als halb so viele binationale Ehen. Es gab die damalige Frauenbewegung. Es gab absolute Autoritäten – die Regierung, das Parlament, die Konzerne, die Justiz, die Medien – und je nach politischer Ausrichtung ging es darum, diese zu verteidigen oder sie in Frage zu stellen. Die Aufgabe einer Zeitung war es, Neuigkeiten zu vermelden und diese möglichst gut aufzubereiten. Und rundherum sassen stets und mit wenigen Ausnahmen überall Männer in ungefähr demselben Alter wie er. (Nachtrag: Ich hätte die Armee vergessen, meint einer. Stimmt. Sorry, sorry, sorry, Männer! Und merci für Euren Einsatz!)
Das ist die Brille, durch die dieser durchschnittliche Chefredakteur die Welt betrachtet.
Und dann denkt er, wenn er Frauen als Leser gewinnen will: Wir brauchen eine Kolumne darüber, wie Frauen die Welt sehen. Oder er denkt, wenn er Junge gewinnen will: Wir brauchen “Online”.
Really?
Wir sind keine benachteiligte Minderheit. Frauen können doch ganz normal mitschreiben in Zeitungen, oder etwa nicht? Sie mitgestalten und mitleiten? Die, die das gerne wollen. Und die Zeitungen, die offenbar den weiblichen “Blick auf die Welt” vermissen, sollen sich eben eine Frau in die Redaktionsleitung holen. Wenn die nur kommt, wenn die Kinder gut betreut sind, sollen sie eine Kita in der Firma anbieten. Das funktioniert schliesslich in anderen Branchen auch. Und wenn ihnen “der weibliche Blick” das betriebswirtschaftlich nicht wert scheint, dann sollen sie es halt lassen.