Hongkong
Vor wenigen Tagen staunte ein älterer Kollege über eine App, mit der man sich spielerisch auf den Moment vorbereiten kann, wenn Zombies die Welt übernehmen. Eine andere Kollegin wunderte sich darüber, dass plötzlich an so vielen Orten über Asperger's gesprochen wird
.Mich erstaunt beides nicht, weil ich ziemlich viel Zeit mit Nerds verbringe - Mathematikern, Wissenschaftlern, Programmierern. Ich mag sie, und ich verstehe, wie sie ticken. Das ist ziemlich nützlich und wichtig, aus zwei Gründen.
1. Nerds regieren heute die Welt.
Sie sind es, welche die erfolgreichsten neuen Firmen gründen. Sie sind es, die den Staaten die perfekten Instrumente zur Überwachung bauen. Sie sind es, die den Menschen gerade nicht nur komplett vermessen, sondern auch als künstliches Wesen nachbauen. Und, bevor Sie schnöden oder Alarm schlagen: Sie sind es gleichzeitig auch, die den schlagkräftigsten Aufdeckungsjournalismus und die mächtigsten politischen Kampagnen aufziehen. Das 20. Jahrhundert war das Zeitalter der grossen Ideologien - das 21. Jahrhundert ist das Zeitalter von Big Data.
2. Eine ganze Generation tickt so.
Wer in den 1980-ern oder später geboren ist, wuchs in dieser Welt voller Technologie und Algorithmen auf. Das prägt. Mit anderen Worten: In der Generation Y denken und fühlen viele so wie die Nerds. Wer das hier versteht, wird auch diese Generation besser verstehen. Und, so finde ich zumindest, auch Grund zur Hoffnung finden. Wieder mal voll übertrieben, sagt D. zu mir auf Twitter. Natürlich hat er Recht, ich gebe es unumwunden zu.
Also, hier eine kurze und willkürliche Einführung in die Welt der Nerds. Es ist ein Riesenthema, wenn Sie den Post mögen, kommt ein anderes Mal mehr davon.
(Eine wichtige Nebenbemerkung: Es ist extrem gut, dass man beginnt, psychische Normabweichungen (aka Neurodiversität) nicht mehr automatisch als Krankheit zu sehen, sondern erstmal einfach als Besonderheit. Eine Besonderheit, die in der richtigen Umgebung zum Megatalent werden kann. Zur Krankheit wird etwas erst, so die Definition von klugen Psychologen, wenn es Leiden verursacht. Das aber kann Asperger's, oder andere, insbesondere schwerere, Autismen, durchaus.)
Für diejenigen unter meinen Lesern, die sich sehr für Sex interessieren (ich hoffe doch sehr, das seid Ihr alle, enttäuscht mich nicht): Hier finden Sie eine spannende Serie genau zu diesem Thema. Sie ist gerade erst angelaufen. Nachtrag, 02. Dezember: Eine neue Studie einer britischen Psychologin passt ins Bild, finde ich. "Talking to Britons about their sex lives, she found a curious mixture of hedonism and puritanism", heisst es dort. Mehr Experimentierfreudigkeit, aber auch viel mehr Ernsthaftigkeit. Bewusstere Entscheide.
Ach, herrje, so viele grosse Themen: Psyche, Freiheit, Liebe. Fortsetzung folgt. (Update, 20.11.2017: Oder auch nicht...)
P. S. Wichtiger Nachtrag, da dies offenbar nicht zwangsläufig aus meinen Worten spricht: All dies bedeutet gleichzeitig, dass Empathie so wichtig ist wie nie. Wir brauchen Schriftsteller, Künstler, Theologen. Zahlen ohne Fühlen ist der blanke Horror. Ich habe dazu aber hier schon so viel geschrieben, das sollte auf der Hand liegen.