Weder staatlicher Fisch noch Vogel AG

Die Probleme der Postauto AG zeigen: Bezahlt der Staat am Ende sowieso, bringen pseudoprivatwirtschaftliche Anreize oft nichts ausser Ärger und Bürokratie.

Wahrscheinlich haben Sie es mitbekommen, liebe Verlegerin, lieber Verleger: Es ächzt und rumort seit einiger Zeit bei sogenannten staatsnahen Betrieben.

Am auffallendsten ist das beim Postauto und beim Berner Energieunternehmen BKW. Bei der Postauto Schweiz AG haben die Buchhalter Gewinne vom Regionalverkehr in einen anderen Geschäftszweig verbucht, weil man sonst weniger Subventionen bekommen hätte – wie genau das geschehen ist und ob es illegal war, wird noch abgeklärt.

In Bern wiederum kritisieren Unternehmerinnen seit Jahren, dass staatlich gestützte Unternehmen wie etwa die BKW Energie AG privaten Betrieben die Luft abdrehen. Deshalb, weil sie bei Aufträgen derart viel bessere Preise bieten, dass kein Kleiner mehr eine Chance hat. Seit 2014 fährt die BKW eine Expansionsstrategie und hat laut «Berner Zeitung» inzwischen 65 Firmen aufgekauft. Vor einem guten Jahr haben sich die KMU sogar zu der Kampagne «Fair ist anders» zusammengetan, um auf die nach ihrem Empfinden unmögliche Situation aufmerksam zu machen.

Das sind nur die zwei jüngsten Beispiele. Ein weiteres wäre die Swisscom. Sie bringt im staatlichen Auftrag Internetanschlüsse in alle Haushalte – und kann seit 2017 über ebendiese Anschlüsse erhobene Kundendaten an Partner verkaufen. Unter anderem an das Werbeunternehmen Admeira, das wiederum der Swisscom selber gehört, gemeinsam mit SRG und Ringier. Verschiedene staatsnahe Unternehmen machten ausserdem in den letzten Jahren mit fragwürdigen Auslandinvestitionen Schlagzeilen – prominent etwa auch Postauto mit der Beteiligung an Car Postal France.

Was denn nun: Gewinn oder nicht?
Wie immer, wenn jemand mutmasslich übermässig profitiert, ist die Empörung gross; einen «Skandal» nennen die Zeitungen den Vorfall bei der Postauto AG. Dabei ist er – befasst man sich mit wirklichen ökonomischen Erkenntnissen statt nur mit religiösen Überzeugungen im Stil von «Subventionen sind gut» oder «Subventionen sind böse» – vor allem eines: ziemlich logisch. Menschen verhalten sich nun mal, wie man ihnen die Brücken baut. Oder die Anreize setzt, wie Ökonominnen sagen würden. Und da läuft in der Schweiz seit Jahren einiges schief.

Im Fall der Postauto AG, die zur Schweizerischen Post gehört, lautet der Auftrag an die Chefs dort ungefähr wie folgt: Ihr dürft mit dem Busverkehr in all den Bergtälern und Landdörfern keinen Gewinn schreiben, sonst gibt es keine Subventionen mehr. Ihr müsst aber in potenziellen anderen Geschäftsbereichen unbedingt Gewinn vorweisen, denn ihr seid Teil eines grösseren Ganzen. Ihr fragt, wie dieser Gewinn gemacht werden soll? Ein Postauto sei nun mal ein Postauto und tue, was es nun mal tue: nämlich eben subventioniert durch die Landschaft fahren. Nun: Willkommen im 21. Jahrhundert. Lasst euch etwas einfallen!

Das tat man bei der Postauto AG dann auch. Man liess sich etwas einfallen, wie man gleichzeitig Gewinn schreiben und trotzdem weiter Subventionen kassieren konnte.

Der inzwischen abgetretene Postauto-Chef verstand sein Dilemma offenbar genau. Er habe den «Zielkonflikt» zwischen dem staatlichen Grundauftrag mit Gewinnverbot und den Profitvorgaben vom Mutterhaus schon seit längerer Zeit kritisiert, schrieb der «Blick» mit Verweis auf interne Memos. Eine solche Meldung ist natürlich im Interesse ebendieses abgetretenen Postauto-Chefs und wird wie immer bei solchen Geschichten nur ein Teil der Wahrheit sein. Wirklich bezeichnend ist jedoch die im Bericht zitierte Stellungnahme der Post. Man müsse klar differenzieren, sagt da die Sprecherin: «Zielkonflikte und illegales Handeln sind zweierlei.»

Das stimmt natürlich. Und auch wieder ganz und gar nicht: denn es sind eben exakt solche Zielkonflikte, die üblicherweise zu Missetaten führen.

(...)

(17.04.2018)

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